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Ein Tisch - Ein Kreuz - Ein Altar
Ein Tisch - Ein Kreuz - Ein Altar

 Ein Tisch - Ein Kreuz - Ein Altar

Dass das, was Werner Schlegel aus grob geschnittenem Holz baut, Altäre sind oder jedenfalls sein können, darauf musste ihn erst einmal jemand bringen. Dieser Jemand war Prof. Dr. Christoph
Stiegemann, langjähriger Leiter des Diözesanmuseums.

Die beiden trafen sich bei Dreharbeiten zu einer Fernsehsendung. Schlegel wollte dort seine besonderen Holztische zeigen. Auf die besondere Form, in der ein katholisches Auge sofort
ein Kreuz sieht, war er gekommen, weil ihn die Steckverbindungen interessierten, wie sie in
alten Fachwerkhäusern verwendet werden: dieses faszinierende Prinzip, dass Dinge so miteinander
verbunden sind, dass sie einander halten. Ohne Schrauben oder Winkel oder Leim. Wenn die Teile aufeinander abgestimmt sind, wenn sie zueinander passen, dann stützen und stabilisieren sie sich gegenseitig.

Und noch etwas fällt aus katholischer Sicht auf: Die Altäre bestehen aus zwei Seitenteilen und der Tischplatte. Es sind also drei Teile, die zu einem Teil werden. Eine im Grunde simple Idee. Aber einen solchen Tisch zu bauen, ist alles andere als simpel, allein schon weil das Material ziemlich schwer ist, fast hätte man höllenschwer geschrieben. Das merkt nicht nur der Künstler, das merken manchmal auch junge Leute, wenn sie um einen solchen Tisch versammelt Gottesdienst feiern.


Im Jugendhaus Hardehausen etwa steht so ein Altar in der Bernhardskapelle. Hardehausen ist ein ehemaliges Zisterzienserkloster. Die Zisterzienser sind ein puristischer Orden, einst aus den Benediktinern entstanden. Seine Gründer wollten gewissermaßen noch benediktinischer leben als die
Benediktiner. Dieses puristische, auf das Wesentliche konzentrierte strahlt Hardehausen nach wie
vor aus, auch wenn dort heute lebensfrohe und oft auch energiegeladene junge Leute bevölkern. Jedenfalls passt der schlichte und ursprüngliche Altar, an dem nichts feingeschliffen oder glattpoliert ist, hierher. Vor Gottesdiensten mit Jugendlichen wird der Altar auseinandergebaut, um ihn dann im Gottesdienst wieder zusammenzubauen. So werde deutlich, „dass der Altar erst durch das Kreuz, das
uns an den Tod und die Auferstehung Jesu erinnert, seine einzigartige und herausragende Bedeutung erhält“. So schreibt es Jugendpfarrer Stephan Schröder in einem Buch, das jetzt erschienen ist und einen Überblick über die Kreuz- Altäre Werner Schlegels gibt.


Bernhardkapelle

Initiiert hat das Buch Prof. Dr. Josef Meyer zu Schlochtern. Er war bis letzten Herbst Professor für Fundamentaltheologie an der Theologischen Fakultät in Paderborn, aber bzw. und sein Herz schlägt für die moderne Kunst. In den vergangenen Jahren hat er immer mal wieder Ausstellungen in der Paderborner Jesuitenkirche organisiert. Da waren dann Dinge zu sehen, von denen man sich fragen
konnte: Ähm, was machen die jetzt in einer Kirche? Hunderte nebeneinandergestellte H-Milch- Tüten etwa oder ein Etagenbett aus rostigem Stahl. Es ist ja nicht so, dass es in der Kirche keine Kunst zu sehen gibt, aber in der Regel ist es „Anwendungskunst“. Der Künstler bekommt einen Auftrag: Bau einen Altar oder einen Ambo oder einen Tabernakel. Der Betrachter weiß also, was er sieht und wozu es da ist. Dieser Sichtweise wollte Meyer zu Schlochtern in die Quere kommen. „Warum steht das in der Kirche? Was hat das mit dem zu tun, was hier in der Kirche stattfindet?“, das waren Fragen, die er stellen und  nicht unbedingt beantworten wollte.

So gesehen ist er von denSchlegel- Altären besonders fasziniert: Kunst, die ihren Weg von außen in die Kirche findet und dort zur Anwendung kommt. In einigen Kirchen im Erzbistum stehen inzwischen solche Altäre, in der DPSG- Kapelle in Rüthen, in der evangelischen Kirche Maria im Weinberg in
Warburg, im Andachtsraum des Herz- und Diabeteszentrums in Bad Oeynhausen, im Pfarrhaus
in Letmathe, im Sinnesgarten des Sophie-Cammann- Hauses, ein evangelisches Altenheim.

Da stehen sie und leben. Denn Holz arbeitet. „Es muss nass bearbeitet werden“, sagt Werner Schlegel. Wenn der Altar in der Kirche steht, verändert er sich. Das Holz trocknet, bekommt Risse, verändert sein Aussehen. Er altert vor den Augen der Menschen, die die Gemeinde bilden und die ja auch altern, manchmal Risse bekommen.

Auch den Werdegang sieht man den Altären an. Man sieht die Spuren der Motorsäge, mit der das Holz aus dem Baum geschnitten wurde, man sieht, dass es Kraft gekostet hat, sie zu erschaffen.
Diese Beschaffenheit lasse den Betrachter innehalten, meint Prof. Dr. Otto Foit, einst Geschäftsführer
des Herzzentrums in Bad Oeynhausen. Er wollte dort einen Andachtsraum einrichten. Aber: Was macht einen Raum zum Andachtsraum, zumal noch in einem Krankenhaus? Als er zufällig einen Altar
von Schlegel sah, war ihm klar: So macht man einen Raum zum Andachtsraum. Mit einem Tisch, „der neugierig macht und zwanglos, aber unwiderstehlich zu einem Dialog einlädt“.


Text: Claudia Auffenberg



Das Buch "KREUZTISCH" von Werner Schlegel ist unter
folgender ISBN käuflich zu erwerben:
978-3-86206-879-1




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